Überraschung: ARD kann auch Fakten!

Das hätte man nicht für möglich gehalten, aber die ARD-Faktenfinder haben tatsächlich eine von der DPA übernommene Agenturmeldung nachträglich korrigiert, da dort, wie üblich, gegen Waffenbesitz agitiert wird und unseriöse Zahlen der Gun-Control-Lobby verbreitet wurden.

Hier die ARD-Faktenfinder-Meldung ausnahmsweise als Vollzitat. Man weiß ja nie, wozu es gut ist…

Schusswaffen

250 „Mass Shootings“ in den USA?
Stand: 05.08.2019 17:32 Uhr

Nachdem zwei Männer in den USA 29 Menschen erschossen haben, sprechen viele deutsche Medien von mehr als 250 Vorfällen dieser Art in diesem Jahr. Doch diese Zahl stimmt nur bedingt.

Von Andrej Reisin, NDR

Die „Deutsche Presseagentur“ berichtete, beim Attentat von El Paso handle es sich um das 250. Ereignis, „bei dem mindestens vier Menschen getötet wurden“. Doch diese Angabe ist falsch, denn gezählt werden bei dieser Aufstellung alle Vorfälle mit mehr als vier Getöteten oder Verletzten. Obwohl sich die Agentur später korrigierte, steht die falsche Angabe bei vielen Medien nach wie vor, unter anderem bei „ZEIT Online“ und Arte. Auch tagesschau.de hatte zunächst die falsche Definition übernommen. Diese Angabe kommt von der Nichtregierungsorganisation „Gun Violence Archives“, die sich gegen Schusswaffengewalt einsetzt.

Keine eindeutige Definition

Tatsächlich gibt es für solche Ereignisse keine allgemein anerkannte Definition, sondern verschiedene Annäherungen: Ein US-Bundesgesetz von 2013, das die Behörden bei der Aufklärung von GewaItkriminalität unterstützen soll, definiert als „Mass Killing“ einen Vorfall, bei dem mindestens drei Menschen getötet wurden – ohne den oder die Täter. 2015 definierte ein Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongress ein „Mass Murder with Firearms“ als „einen Vorfall, bei dem vier oder mehr Menschen im Rahmen eines Ereignisses mit Schusswaffen getötet werden, an einem oder mehreren dicht beieinanderliegenden Orten“. „Gun Violence Archive“zählt dagegen Ereignisse, bei denen „vier oder mehr Menschen getötet oder verletzt werden“ – ohne den oder die Täter. Die vom „Gun Violence Archive“ geführte Liste ist diejenige, auf die sich viele Medien berufen.

Daneben gibt es noch weitere Organisationen, die versuchen, „Mass Shootings“ zu zählen – und jeweils unterschiedliche Definitionen verwenden: Die Universität Stanford katalogisierte in ihrem „Mass Shootings of America (MSA) data project“, das 2016 eingestellt wurde, jeden Vorfall mit mindestens drei Verletzten oder Toten ohne den Täter. Die Universität ließ aber Vorfälle, die mit organisierter Kriminalität wie zum Beispiel Drogenhandel zu tun hatten, außen vor. Der „Mass Shooting Tracker“ zählt dagegen vier Angeschossene oder Erschossene bei einem Vorfall, ohne den Hintergrund zu beachten. Die Online-Plattform „Mother Jones“ listet jedes Ereignis mit mindestens drei Getöteten oder Verletzten, für die Berichterstattung der „Washington Post“ gilt ein Ereignis ab vier Betroffenen als „Mass Shooting“.

Großstadt-Kriminalität treibt Zahl nach oben

In der amerikanischen Wikipedia gibt es eine Liste, die nur Vorfälle aufnimmt, die mindestens zwei der unterschiedlichen Definitionen erfüllen. In dieser Liste gab es bis zum 5. August 251 Vorfälle. Darunter sind jedoch höchst unterschiedliche Taten: Bei 128 Ereignissen – also rund der Hälfte – kam niemand ums Leben, drei Vorfälle hatten mehr als zehn Tote und zehn mehr als fünf. Darunter sind hauptsächlich Taten, die unmittelbar mit anderen Formen von Kriminalität zu tun haben, wie Schießereien im Drogenmilieu.

Rund ein Viertel, nämlich 62 Vorfälle, ereigneten sich allein in acht amerikanischen Städten (Atlanta, Baltimore, Chicago, Houston, Indianapolis, Los Angeles, New York City, Philadelphia), die alle mehr als drei Ereignisse aufweisen. Absoluter Spitzenreiter ist Chicago mit 22 Schießereien bisher. Nahezu alle diese Schießereien haben unmittelbar mit Kriminalität und den sozialen Problemen der Unterschichten in den Großstädten zu tun.

Amok-artige Schießereien und Terrorismus sind Ausnahmen

Wenn von 250 „Mass Shootings“ die Rede ist, muss man also im Hinterkopf behalten, dass in dieser Zahl eine sehr große Anzahl von Fällen enthalten ist, die mit Drogenkriminalität oder Auseinandersetzungen rivalisierender Banden zu tun hat. Wenn man nur die Zahl der Vorfälle zählt, bei denen ein oder mehrere Täter das Feuer auf eine Menschenmenge eröffnen oder in einem Gebäude wahllos um sich schießen, kommt man auf unter 20 Vorfälle.

Danke für die Klarstellung.

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