Screenshot: suedkurier.de

Nicht nur im „Südkurier“: Oberflächlichkeit beim Thema Waffen

Das Thema „Waffen“ mit seinen Facetten wie Waffenbesitz, Waffenrecht, Schusswaffenkriminalität ist sehr komplex. Wie man trotz Fleißarbeit bei der Recherche seinen Lesern letztendlich Oberflächlichkeit liefert, zeigt Beispielhaft ein Artikel im „Südkurier“.

Lassen wir mal das bewusste oder unbewusste Framing vom „Waffen horten“ in der Überschrift außen vor und gucken, was die Redakteurin, Eva Marie Stegmann, so schreibt:

14 Waffenbehörden, keine zentrale Erfassung

Für die Landkreise Schwarzwald-Baar, Konstanz, Bodenseekreis und Waldshut gibt es keine gemeinsame zentrale Erfassung. Vielmehr hat jeder Kreis zwar eine Waffenbehörde – doch die ist nicht für alle Gemeinden zuständig. Größere Städte wie Konstanz, Bad Säckingen oder Friedrichshafen haben ihre eigenen. So kommen die vier Kreise auf insgesamt 14 Waffenbehörden. Ihre Aufgabe besteht darin, Erlaubnisse für den Besitz und Umgang mit Waffen, Sprengstoff und bestimmten pyrotechnischen Materialien zu vergeben und zu überwachen.

https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/zehntausende-schusswaffen-in-diesen-orten-im-suedwesten-werden-besonders-viele-gehortet;art417930,11874894

So weit, so gut. Zumindest, wenn sich „keine zentrale Erfassung“ nur auf die vier Landkreise bezieht. Jede legale und somit registriere Waffe wird nämlich zentral gespeichert – im Nationalen Waffenregister.

Fein säuberlich listet Frau Stegmann anschließend auf, welche Waffenbehörde in ihrem Bereich wie viele Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis verwaltet und wie viele erlaubnsipflichtige Schusswaffen diese besitzen. Zum Beispiel wie hier für den Kreis Konstanz:

Kreis Konstanz: 1239 Personen besitzen 7376 Schusswaffen

Um eine Waffe besitzen zu dürfen, braucht man eine Waffenbesitzkarte. Diese gibt das Amt aus. Für verschiedene Waffentypen braucht es eigene Karten, sodass es sein kann, dass eine Person mehrere Karten besitzt. Die Waffenbehörde des Landkreises zählt derzeit 2225 dieser Karten, die ein Kreis von 1239 Personen besitzt. Da 7367 Schusswaffen gemeldet sind, hat im Schnitt jeder Inhaber einer Waffenbesitzkarte rund sechs Waffen.

https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/zehntausende-schusswaffen-in-diesen-orten-im-suedwesten-werden-besonders-viele-gehortet;art417930,11874894

Aus der Anzahl von Waffen und Waffenbesitzern wird dann ein Durchschnittswert „Waffen je Erlaubnisinhaber“ gebildet und das ist dann der Gradmesser für die „Waffenhortung“. Ein vielleicht nachvollziehbarer, aber letztlich zu Fehlschlüssen führender Ansatz.

Neben den beiden großen Erlaubnisinhaber-Gruppen „Jäger“ und „Sportschütze“ gibt es noch andere, z. B. Erben, Waffensammler, Waffensachverständige. So reicht in einer Region mitunter ein einzelner Sammler mit einer weit gefassten Erlaubnis und einer entsprechend umfangreichen Sammlung aus, um den Durchschnittwert signifikant zu beeinflussen.

Ein vor einigen Jahren erschienener Spiegel-Artikel lieferte Daten hinsichtlich der Anzahl von Waffenbesitzkarten, Stand 31.12.2019. Damals gab es insgesamt 1,75 Millionen Waffenbesitzkarten, davon 1,6 Millionen (91,4%)“grüne“ WBK, 140.000 (8%) „gelbe“ Sportschützen-WBK sowie 10.000 (0,6%) „rote“ Sammler-WBK. Auch wenn sich die absoluten Zahlen seitdem wahrscheinlich verändert haben, so dürfte die prozentuale Verteilung auch 2024 noch zutreffen.

Die Abweichung zwischen zwei Landkreisen beim Durchschnittswert besagt also gar erst mal gar nichts. In einem ländlich geprägten Kreis wird es eher mehr Jäger und Schützenvereine geben, als in einem eher urbanem Umfeld. Auch ein paar aktive Sammler können den Durchschnittswert massiv beeinflussen.

Der springende Punkt ist aber, dass diese schöne Auflistung der Waffenbehörden über Erlaubnisinhaber, waffenrechtliche Erlaubnisse und zum Teil den Anteil von Kurzwaffen daran nur den legalen Teil des Waffenbesitzes erleuchtet. Das Dunkelfeld, die illegalen Waffen, bleiben bei so einer Erhebung komplett außen vor.

Deshalb kann man Redakteure wie Frau Stegmann nur auffordern, bei zukünftigen Recherchen ihre Anfragen an die Waffenbehörden um die wirklich interessante und relevante Frage zu ergänzen:

„Wie viele der registrierten Waffen wurden durch ihre Besitzer für kriminelle Zwecke missbraucht?“

Das ist der springende Punkt, wenn es um eine (kritische) Betrachtung des legalen Besitzes registrierter, erlaubnispflichtiger Feuerwaffen geht.