Referentenentwurf Waffenrecht: Ideologie, Willkür, Inkompetenz

Lange erwartet, hat der am 9. Januar erstmals öffentlich verfügbare Referentenentwurf des BMI mit dem sperrigen Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung waffenrechtlicher Personenüberprüfungen und zur Änderung weiterer Gesetze“, Download z. B. hier, nach dem erstem Überfliegen die schlimmsten Befürchtungen nicht erfüllt. Sie wurden deutlich übertroffen.

Kurz zusammengefasst: Das Bundesministerium des Inneren und für Heimat unter der Ägide von Nancy Faeser pfeift auf den Koalitionsvertrag, erklärt der staatstragenden Mitte der Gesellschaft den Krieg, lähmt die zuständigen Behörden durch Millionen überflüssige Verwaltungsakte auf Jahre und zwingt Polizei und Staatsanwaltschaften knappe personelle Ressourcen für eine Schwemme von opferlosen „Verbrechen“, die nur auf dem Papier existieren, zu verplempern.

Wie zum Hohn begründet man dieses Bürokratiemonster ausgerechnet mit dem Terroranschlag von Hanau, bei dem der Täter noch über legale Schusswaffen verfügte, obwohl er mehrfach auffällig und der Polizei bekannt war, mit Drogen erwischt wurde, trotz einer bekannten paranoiden Schizophrenie, trotz einer völlig wirren, beim Generalbundesanwalt gestellten Strafanzeige.

Diese Gewalttat hätte verhindert werden können, wenn man das damals geltende Waffengesetz nur konsequent angewandt hätte, wenn nicht sämtliche staatliche Stellen, nicht zuletzt wegen Überlastung, versagt hätten. Die vielen geänderten und mit mächtig Bürokratie aufgeblasenen Paragrafen des aktuellen Referentenentwurfs dagegen hätten nicht eines der spektakulären Gewaltverbrechen mit Schusswaffen der letzten Jahrzehnte verhindert, wenn sie denn schon damals so gegolten hätten. Keines!

BMI wortschöpferisch kreativ: „Kriegswaffenähnlich“

So schickt sich nun das BMI an, mit Erfindung der Bezeichnungen „kriegswaffenähnlich“ bzw. „kriegsähnlich“ die Gefährlichkeit von Schusswaffen nicht mehr an Hand von messbaren, technischen Parametern zu bestimmen. Eine Schusswaffe gilt fortan als „besonders gefährlich“, wenn sie nur „kriegswaffenähnlich“ aussieht:

Durch das Verbot kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Feuerwaffen soll die Verfügbarkeit dieser Waffen verringert werden. Diese Waffen wirken besonders anziehend auf bestimmte Personenkreise und Tätergruppen, welche für Amok- und Terrortaten eine hohe
Relevanz aufweisen. Die terroristischen Anschläge von Utoya, Norwegen sowie Christchurch, Neuseeland, wurden mit solchen Waffen verübt. Wegen der Manifeste der Täter im
Internet ist eine Nachahmung nicht auszuschließen

Referentenentwurf v. 09.01.2023, Seite 15

Da später im Entwurf die Anzahl dieser „kriegsähnlichen“ Waffen in Privatbesitz auf 135.000 beziffert wird, kann man erahnen, was die Referenten in Wirklichkeit meinen: Moderne Sportgewehre vom Typ AR-15, die weltweit wegen ihrer zahlreichen individuellen Anpassungsmöglichkeiten und der hohen Präzision äußerst populär sind. Würde man tatsächlich alle „kriegswaffenähnlichen“ Halbautomaten meinen, wäre kaum noch eine Kurzwaffe legal.

Es gab übrigens schon eine Zeit, in der AR-15 nicht wie AR-15 aussehen durften, sondern wegen des damaligen § 37, dem sog. „Anscheinsparagraf“, in hässliche Schaftkonstruktionen gepresst wurden. Fortan sah der Selbstlader eher aus wie eine Bahnschwelle mit Loch, aber der militärische „Anschein“ war kaschiert und Bedenkenträger beruhigt. Dieser völlig sinnlose und überflüssig Anscheinsparagraf verschwand dann 2002.

Auch das neue Verbot begründet man mit genau so spektakulären, wie seltenen Gewaltverbrechen. Während man mit Hanau aber wenigstens noch eine Bluttat auf deutschem Boden bemühte, muss für das Verbot der „kriegswaffenähnlichen Halbautomaten“ Utoya in Norwegen und Christchurch am anderen Ende der Welt herhalten. Tatmittel in Utoya war übrigens eine rein zivile Entwicklung, das Ruger Mini-14 und der Täter von Christchurch wählte genau aus dem Grund eine „böse“ AR-15 als Tatwaffe, weil er sich, wie sich als richtig herausstellte, dadurch mehr medialen Widerhall versprach, als bei Verwendung eines Spreng- oder Brandsatzes. So weit dem Verfasser bekannt, wurde in den 20 Jahren seit dem Wegfall des „Anscheinsparagraf“ § 37 nicht eine einzige legale AR-15 in Deutschland zur Begehung einer Straftat verwendet.

Immerhin sollen die betroffenen 135.000 Jäger und Sportschützen ihre Waffen behalten dürfen, wenn sie entsprechende Anträge stellen und ihr Gewehr – bitte nicht lachen – gelb markieren! Eine Waffe, die aussieht wie eine Kriegswaffe und für das BMI deshalb als besonders gefährlich gilt, wird durch das Auftragen von gelber Farbe dann weniger gefährlich.

Fragt sich natürlich, beim wem diese gelbe Farbe Entwarung (oder die besondere Gefährlichkeit?) signalisieren soll. Laut Waffengesetz dürfen erlaubnispflichte Schusswaffe nur im Rahmen des vom Bedürfnis umfassten Zweck verschlossen transportiert werden. Außer zu Hause und auf dem Schießstand ist eine sportlich geschossene AR-15 gar nicht offen zu sehen. Wer soll sich denn davor fürchten oder gewarnt werden müssen, die anwesenden Schützenschwestern und -brüder oder gar andere AR-15-Besitzer?!?

Paint it yellow? Foto: Benedikt Krainz

Wer allerdings denkt: „Halb so wild, das betrifft ja ohnehin nur ein paar Sportschützen und Jäger“, sollte sich nicht zu früh freuen:

Armbrust oder Schreckschusswaffe? Nur noch mit Erlaubnis!

Die über viele Jahrzehnte frei erwerbbaren Schreckschusswaffen und Armbruste sollen ebenfalls erlaubnispflichtig werden. SRS-Waffen, die nach dem Jahr 2000 erworben wurden, müssen bis 31.12.2025 angemeldet werden, zum Neuerwerb soll künftig ein Kleiner Waffenschein vorgelegt werden müssen. Wer seine vorhandenen SRS-Waffen behalten will, muss einen KWS nachträglich beantragen. KWS-Aspiranten und -Inhaber sollen zusätzlich eine Sachkundeprüfung vorweisen.

Bei geschätzten 41.000.000 legal erworbenen SRS-Waffen im Volk, von denen Millionen von Besitzern gar nicht (mehr) wissen, dass sie so ein Ding überhaupt ihr eigen nennen, ist ein explosionsartiger Anstieg von unwissentlichen Waffenrechtsverstößen absehbar.

Die Strafverfolgungsbehörden werden unter einer Papercrime-Lawine verschüttet und müsse sich zukünftig mit der strafrechtlichen Aufarbeitung von Nichtigkeiten befassen. So wie Oma Trude, die im Nachlass ihres Mannes einen Röhm RG3 findet, ihn zur Polizei bringt und damit gegen das Waffengesetz verstößt. Auch die Kreispolizeibehörden und Ordnungsämter können sich frisch machen. Selbst wenn nur zehn Millionen dieser vorhandenen SRS-Waffen nachmeldepflichtig wären, würde das bei über 500 Waffenbehörden in Deutschland die Registrierung von fast 20.000 Stück pro Amt bedeuten. Und da ist noch nicht ein einziger Kleiner Waffenschein neu ausgestellt, den Millionen Altbesitzer nun nachträglich beantragen sollen.

Hat man es bis dahin noch nicht geschafft, die Behörden vollends an den Rand der Handlungsfähigkeit zu bürokratisieren, kommt noch der Joker:

Probetraining? Erst zum Amt!

Interessenten an einem Probetraining mit großkalibrigen Kurzwaffe für patronierte Munition können nicht länger „einfach so“ an einem Schnupperschießen teilnehmen. Weil es ja sein könnte, dass gegen den Interessenten ein Waffenverbot verhängt wurde, ist fortan eine behördliche Bescheinigung einzuholen, dass dem nicht so ist. Die BMI-Bürokraten beziffern die Anzahl dieser Bescheinigungen mit 350.000 jährlich. Also nochmal fast 600 zusätzliche Verwaltungsakte pro Jahr und Behörde, weil man denen mit Waffenverbot einen entsprechenden Vermerk nicht auf dem Personalausweis anbringen kann!

Der abgelieferte Referentenentwurf ist eines freiheitlich-demokratisch verfassten Rechtsstaat unwürdig, strotzt vor Ideologie und Willkür und die Verfasser scheinen vom Verhältnismäßigkeitsprinzip noch nie etwas gehört zu haben.

Es ist nicht nur ein Affront gegen alle rechtstreuen Bürger in Deutschland. Das BMI hat ein Bürokratiemonster abgeliefert, bei dessen Umsetzung die Strafverfolgungsbehörden und ein Teil der öffentlichen Verwaltung zumindest auf Jahre gelähmt wäre.

So verbessert man die Innere Sicherheit nicht, so führt man eine gezielte(?) Verschlechterung der Sicherheitslage durch eine vorsätzliche Überlastung der Behörden herbei.