ARD-Mittagsmagazin und die Waffenrechtsverschärfung: Keine Zweifel, keine Ahnung

Im ARD-Mittagsmagazin vom 25. Januar 2023 war unter anderem die von Nancy Faeser geplante Waffenrechtsverschärfung Thema. Moderatorin Nadia Kailouli tat dabei das, was man im ÖRR bei diesem Thema immer macht: Man hinterfragt nicht etwa kritisch die Pläne der Regierung zu umstrittenen Gesetzesvorhaben, sondern man hinterfragt lieber die Kritik an diesen Plänen.

Ab Minute 19 startet der Beitrag. Schon die Einleitung ist Legendenbildung. Die Silvesterkrawalle wären der Grund dafür, dass die Innenministerin jetzt den Verkauf von bestimmten Waffen weiter einschränken wolle. Gerade so, als ob der vorliegende Referentenentwurf nicht schon lange vor Silvester bekannt geworden wäre. Und gerade so, als ob es nicht die ARD gewesen wäre, die durch eine Reihe von tendenziösen Formaten mit Waffenbezug die „Probleme“ geliefert hätte, für die das Innenministerium dann seine fertige „Lösung“ präsentieren konnte.

Eher BMI-Sprachrohr statt ÖRR-Journalistin

Frau Kailoulis Vorbereitung auf das Thema „Waffenrecht“ bestand anscheinend darin, ein paar Tagesschau-Berichte zu gucken, in der Frau Faeser ihre Waffenrechtsverschärfungspläne rechtfertigte. Für weitere Recherche war wohl keine Zeit, schon gar nicht für einen Blick ins geltende Waffengesetz. So dürftig war dann auch die journalistische Leistung beim Interview mit dem Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr. Ein Highlight:

„Aber es wäre doch wahnsinnig einfach, wenn man mehr Regelungen schafft. Also eine Verschärfung des Waffenrechts macht, damit man damit das Risiko mindert, dass diese Waffen in falsche Händen kommen können.“

ARD „Mittagsmagazin“ v. 25.01.2023, 26:41

Die Fragestellerin stellte nicht nur Fragen, sie gab dem Gefragten auch gleich die Marschrichtung vor, was sie gerne als „richtige Antwort“ hören würde. Mehr Gesetze! Warum nur ist da nicht schon viel früher jemand auf diese tolle Idee gekommen? Man verschärft ein paar Gesetze und schon hindert man bisherige Rechtsbrecher am erneuten Rechtsbruch. Super! Man könnte ja einfach verbieten, ohne Erlaubnis SRS-Waffen in der Öffentlichkeit zu führen und damit wild herumzuballern. Man könnte es auch untersagen, damit auf Polizisten und Retter zu schießen.

Oh, Moment mal: Das ja alles bereits verboten. Was man wissen könnte, so man sich wenigstens rudimentär mit dem Thema befasst hätte.

Wer wünscht sich nicht einen solchen ÖRR und solche Sternstunden des unabhängigen Journalismus? Wie kann da die FDP etwas dagegen haben, bloß weil zunächst eine Evaluierung und keine grundlose Verschärfung des Waffenrechts im Koalitionsvertrag steht? Wo doch SPD und Grüne total dafür sind?

ARD flankiert BMI mit passenden Reportagen

Nadia Kailoulis Fragen entlarven einmal mehr, dass der ÖRR bzgl. „Waffenrecht“ kein neutraler Beobachter oder Moderator ist, sondern ein Akteur, der massiv und bei jeder Gelegenheit gegen legalen Waffenbesitz und für die grundlose Einschränkung von Freiheits- und Bürgerrechten agitiert. Es ist kein Zufall, dass ab Spätsommer im ÖRR ein ganze Serie von Reportagen gesendet wurden, die allesamt direkt oder unterschwellig schärfere Gesetze forderten. Drei Beispiele:

Am 8. Oktober 2022 präsentierte der BR sein neues Format „WG-Challenge“, für dessen erste Folge sich die Macher für die Protagonisten keine dämlichere Aufgabe als „Gib einen tödlichen Schuss ab!“ aus den Fingern gesogen haben. Ein komplett durchkonstruierter Plot mit dem einzigen Ziel, eine besondere Gefährlichkeit von SRS-Waffen herbei zu hysterisieren und der Politik einen Handlungsauftrag zu geben. Dabei scheint eher der BR einen Handlungsauftrag der Regierung bzw. einer Regierungspartei umgesetzt zu haben.

Screenshot: br.de

Ein paar Tage zuvor hatte bereits „Report Mainz“ mit einem völlig einseitigen Bericht den unbedarften Zuschauern die angeblichen Gefahren aufgezeigt, die vom legalen Waffenbesitz, „kriegswaffenähnlichen“ halbautomatischen Langwaffen (gezeigt wurden im Kontext Repetiergewehre!) und Schießevents für Jedermann ausgehen. Alles 1:1 zufällig genau das, was im Referentenentwurf des BMI ein paar Monate später in teils völlig absurder Weise überreguliert bzw. verboten werden soll. Eine sehr empfehlenswerte Demontage dieses „Report Mainz“-Machwerks kann man sich übrigens hier angucken.

Auch „Kontraste“ entdeckte am 15.08.2022 im Beitrag „Wo Rechtsextreme schießen üben“ (Tagesschau-Artikel, der Kontraste-Beitrag war leider nicht online auffindbar) die vermeintliche Gesetzeslücke „Gastschießen“. Schließlich dürfen Gäste ohne Gesinnungsprüfung auf einem Schießstand (wo eigentlich sonst?!?) auch ohne eigene waffenrechtliche Erlaubnis und ohne eigene Waffe mit Vereinswaffen bzw. den Waffen Dritter schießen. Rein zufällig ein passendes „Problem“ für Faesers wenige Monate später präsentierte „Lösung“, die Teilnahme an einem Schnupper- oder Gästeschießen teilweise nur noch zu erlauben, wenn der Interessent eine amtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorweisen kann.

Regierungsnähe statt Grundversorgungsauftrag

Vielleicht gab es tatsächlich einmal ein Zeit, in der sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk bemüht hat, politisch halbwegs neutral und frei von politischem Einfluss seinen Grundversorgungsauftrag zu erfüllen.

Diese Zeiten aber leider schon sehr lange vorbei. In unseren Tagen scheint sich der ÖRR eher als Hilfsbüttel der Regierung bzw. favorisierter Parteien zu verstehen. Ein Hilfsbüttel, der in reißerischen Beiträgen vermeintliche „Gesetzeslücken“ und andere Skandälchen konstruiert für Lösungen, die in Ministerien-Schubladen bereits darauf warten, endlich mit einem passenden „Problem“ konfrontiert zu werden.

Agitation und Propaganda kann der ÖRR sehr gut, Fakten eher weniger.