Empörung im Veedel: Gute Messer, böse Messer

Screenshot: www.express.de

Empören. Sich zu empören, scheint derzeit eine der wenigen Kategorien zu sein, in der Deutsche im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz einnehmen können. Über alles und jedes wird sich empört, besonders gerne empört man sich über Dinge, von denen man wenig bis keine Ahnung hat.

In Köln-Eigelstein empören sich Anwohner gerade über einen Laden, der Messer zum Verkauf feil bietet:

Ruth Wennemar, Sprecherin des Bürgervereins Eigelstein. sagt: „Wir sind schockiert über das, was hier angeboten wird, und viele Anwohner sind es ebenfalls. Keine 50 Meter von hier, auf dem Ebertplatz, wurde vor eineinhalb Jahren ein Mensch durch einen Messerangriff getötet und hier wird das Werkzeug solche Taten ganz offen verkauft. Mit den Messern, die hier im Schaufenster liegen, will niemand Kartoffeln schälen, das gesamte Sortiment dient ausschließlich der Ausübung von Gewalt.“

Das ist natürlich ein toller Grund, sich zu empören: Ein Einzelhändler, der sich erdreistet, legal und im Rahmen der Gesetze auch Messer zu verkaufen. Und das, obwohl irgendwo im Umkreis vor längerer Zeit ein Mann von jemand anderen mit einem Messer getötet wurde. So viel Empörung wird ja wohl noch erlaubt sein. Bestimmt haben auch alle Supermarktketten im Umkreis vor anderhalb Jahren sämtliche Schneidwaren aus dem Sortiment genommen, um Frau Wennemar nicht zu triggern.

Ach nee, Supermarktmesser sind ja ausschließlich zum Kartoffeln schälen und dienen nicht zur Ausübung von Gewalt. Kleine, gut zu versteckende Haushaltsmesser für wenig Euro, die man nach einer Straftat ohne über den Anschaffungspreis nachdenken zu müssen, verschwinden oder im Opfer stecken lassen kann, werden natürlich nicht von Messerstechern verwendet. Die kaufen für teuer Geld für ihre Zwecke gänzlich ungeeignete Tactical-Schnickschnack-Klappmesser, verschnörkelte Fantasy-Dolche oder gar Macheten. So stellt sich die Ruth das zumindest vor.

Hoffentlich haben die besorgten Bürger nicht mitbekommen, dass es sich beim zum Stein des Anstoßes auserkorene Tötungsdelikt im Drogenmilieu abgespielt haben soll.

Passanten schlendern über die Platzfläche, stutzen, bleiben stehen und betrachten irritiert die Spuren der tödlichen Auseinandersetzung, die sich hier am Samstagabend gegen 21.45 Uhr ereignet hat. Viele reagieren betroffen, erkundigen sich bei Umstehenden, was geschehen ist, oder diskutieren über das Gewaltverbrechen, bei dem ein 22-Jähriger sein Leben ließ – offenbar eine Tat im Drogenmilieu.

Drogenmilieu! Wenn das kein Grund für die Bürgerintititive ist, sich zusätzlich auch noch über die Präsenz von Apotheken in Tatortnähe zu empören.

Schließlich war wohl der Vertrieb illegaler chemischer Substanzen der Grund für die Messerstecherei. Und wenn legales Handeln mit Messern wegen Verbrechern bestraft werden soll, was hindert die besorgten Bürger daran, demnächst auch den legalen Handel mit chemischen Substanzen zu bestrafen und unbescholtene Apotheker zu stigmatisieren?

2 Kommentare

  1. Bin immer wieder überrascht, wie viele dumme, ungebildete, hysterische und Gehirn gewaschene Menschen in Deutschland leben, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als sich über etwas zu echauffieren. Diese Gesellschaft macht mich wirklich krank. Heute werde Menschen und Tatsachen gebrandmarkt, über die man vor weniger als zehn Jahren noch geschmunzelt hätte. Traurig ist vor allem, daß diese Menschen auch noch angehört werden, statt von der Bühne getrieben zu werden!

  2. Ich habe mir das bei furzbuch gerade ´mal angesehen! Da wird also durch einen „Bürgerverein“ (oder schon Bürgerwehr?! ;-)) )ganz schön gegen einen LEGALEN Waffenhändler „vorgegangen“ finde ich! Völlig überzogen! Durch mehrere Lokalblätter ging das da! Stoppt den Hass und die Hetze gegen Legalwaffenbesitzer! Keine Verhetzung von Volksgruppen und Einzelnen! Ist das schon § 130
    Volksverhetzung?!

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