Normalerweise verhageln einem ja eher Börsenkurse, Fußballergebnisse oder die Wettervorhersage die Stimmung bei der morgendlichen Zeitungslektüre.
Neulich war es mal wieder eine Meldung mit Waffenbezug.
Auf der „Sachsen“-Seite der „Sächsischen Zeitung“ konnte man am 13. Juni 2013 das folgende Meisterwerk einer kreativen Äpfel-Glühbirnen-Komposition bewundern.
Zweifelsohne ist es korrekt, dass in Sachsen die Anzahl der registrierten Waffen stetig zunimmt. Gegenüber den sog. „alten Bundesländern“ gibt es immerhin noch fast 40 Jahre Nachholbedarf im Schützen-, Jäger- oder Sammlerwesen. Anders als in den westlichen Bundesländern gibt es auch keine Unmengen an einstmals völlig frei verkäuflichen Büchsen und Flinten, die nun aus Nachlässen direkt von den Erben der Verschrottung zugeführt werden und mancherorts zu Jubelmeldungen über angeblich sinkende Waffenbestände führen.
Der Gutelauneverderbsatz kommt aber ganz am Ende der Meldung:
„Mit dem Anstieg häufen sich Verstöße gegen das Waffengesetz“
Dadurch entsteht beim unbedarften Leser genau der Eindruck, für den es zwar kein belastbares Zahlenmaterial gibt, der aber von den Volksentwaffnern immer wieder gebetsmühlenhaft heruntergeleiert wird:
Mehr legale Waffen bedingen angeblich mehr Kriminalität und weniger legale Waffen würden dementsprechend für mehr Sicherheit sorgen.
Wie dem Scan zu entnehmen ist, steht hinter dem Artikel ein (FP). Das steht für „Freie Presse“ und das ist laut Eigenwerbung „Sachsens größte Zeitung“. Hier findet man unter der Überschrift „In Sachsen wächst die Zahl der registrierten Schusswaffen“ tatsächlich einen weitaus umfangreicheren und leider auch den Leser weitaus mehr verwirrenden Artikel von Uwe Kuhr. Aus diesem Musterbeispiel seriöser Faktenvermittlung wurde wohl die SZ-Kurzmeldung zusammengeschustert.
Schon die Einleitung hat es in sich:
In Sachsen wächst die Zahl der registrierten Schusswaffen
So sicher, wie sich Sachsen gern darstellt, ist das Leben im Freistaat beileibe nicht. Immer öfter greifen Kriminelle zur Waffe – mittlerweile bei jeder dritten Straftat.
Respekt, direkt von der Überschrift und legalen Waffen den Bogen zu Kriminellen und Straftaten zu schlagen – das muss man erst mal nachmachen. Aber in dem Stil geht es munter weiter:
Mit dem zunehmenden Waffenbesitz in Sachsen wachsen auch die Probleme. So häufen sich Verstöße gegen das Waffengesetz. Diese Statistik führen Dresden, der Landkreis Görlitz und die Stadt Leipzig an. Erfasst wird der unsachgemäße Einsatz aller Arten von Schusswaffen, wozu auch bestimmte Typen von Luftdruckgewehren, Katapulten und Armbrüsten gehören, die aufgrund ihrer besonders großen Wirkung ebenfalls unter das Waffengesetz fallen.
Aha, Verstöße mit frei verkäuflichen Zwillen, Armbrusten oder Druckluftplempen sind es also. Nicht erwähnt, aber sicherlich genau so an einer Zunahme von Waffenrechtsverstößen beteiligt sind „Vorfälle“ mit illegal geführten Einhandmessern oder Erbsenpistolen. Nur haben die rein gar nichts mit den in der Überschrift erwähnten „registrierten Schusswaffen“ zu tun.
Der Versuch des Redakteurs, legale Sport- oder Jagdwaffen mit Kriminalität zu verquicken, geht aber noch weiter.
Wegen Verstößen gegen das Waffengesetz werden jährlich zahlreiche Kinder und Jugendliche ertappt. So waren 2012 unter den Tatverdächtigen, die bei 1071 einschlägigen Straftaten eine Schusswaffe mitführten, zehn Kinder (unter 14 Jahre) und 29 Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre). 44 Ertappte waren noch Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre).
Ob diese „einschlägigen Straftaten“ tatsächlich „einschlägige Straftaten“ waren, gilt es noch zu beweisen. Man kann aber schon auf Grund der Altersgrenzen für den Erwerb genehmigungspflichtiger Feuerwaffen davon ausgehen kann, dass die „Tatverdächtigen“ unter 18 keine legalen (und vermutlich auch keine illegalen) Schusswaffen bei ihren „Straftaten“ verwendeten. Viel eher ist davon auszugehen, dass es sich um Fälle wie diesen handelte.
Die Beamten, die mit drei Funkstreifen anrückten, fanden in dem Haus elf sich beschießende Jugendliche im Alter zwischen 13 und 15 Jahren. Diese hatten sich in den leeren Räumen ein Gefecht mit Softairwaffen geliefert
Als krönender Abschluss folgt dann noch das enorme Risiko von Waffendiebstählen:
Eine Zunahme verzeichnet auch der Diebstahl von Schusswaffen in Sachsen. So wurden 2012 bereits 26 Schusswaffen mit bescheidenen Aufklärungsquoten gestohlen. (…) Die Anzahl lag mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2010.
Wow, 26 gestohlene Waffen von 127.000. Das muss natürlich erwähnt werden, das sind immerhin sagenhafte 0,02 Prozent – das schreit ja geradezu nach sofortigem gesetzgeberischem Handeln. Leider verschweigt man auch, wie viele Behörden- bzw. Dienstwaffen in der genannten Zahl enthalten waren.
Andererseits kann man die Erwähnung dieser lächerlich geringen Zahl auch positiv sehen. Würden sich die faktenbefreiten Linksgrünen mit ihrer Zentrallagerung durchsetzen, dürfte man sich über ein Vielfaches dieser 26 Verlustwaffen bei jedem einzelnen ausgeraubten Schützenhaus „freuen“.
Woher die Zahlen stammen, gilt es noch zu klären.
Ich vermute, sie stammen aus Antworten der Sächsischen Staatsregierung zu Anfragen der Landtagsabgeordneten Lichdi (Grüne) und/oder Apfel (NPD), entstprechende links werden nachgereicht.
Nicht vorenthalten möchte ich eine andere Meldung aus der Sächsischen Zeitung, die im März 2013 in den Lokalausgaben Bautzen und Kamenz zu finden war und die zeigt, dass es auch sachlich geht. Unter der Überschrift „12.000 legale Schusswaffen im Kreis“ (online nur von Abonnenten komplett einsehbar) heißt es u. a.:
Dem Landkreis ist nicht bekannt, dass in den letzten Jahren jemand eine erlaubnispflichtige Schusswaffe benutzt hat, um Straftaten zu begehen. Angezeigt wurde lediglich das Herumschießen mit Luftgewehren. Dazu kam ein Verkauf einer Waffe an jemanden, der in dem Moment noch keine Genehmigung besaß. Außerdem wurden einzelne Jagdunfälle untersucht.
Fakten benennen und dem Leser die Meinungsbildung überlassen – so geht Zeitung.
“einschlägigen Straftaten” Natürlich einschlägig: führen einer Softair. Ansonsten abziehen mit „ich mach dich Messer“.