Waffenrechtsverschärfung: Wartet nicht auf die Verbände!

Wenn einem Erlaubnisinhaber in den zwei Jahrzehnten an Waffenrechtsverschärfungen seit „Erfurt“ etwas klar geworden sein sollte, dann die Unfähigkeit der sog. „Interessenvertreter“, mehr als bestenfalls Schadensbegrenzung zu leisten. Die aktuell geplante Waffenrechtsverschärfung lässt da nicht viel neues erwarten.

Zunächst der große, vermeintlich mächtige DSB. Einst mit fast 1,6 Millionen Mitgliedern, heute mit immer noch 1,3 Millionen einer von nur sechs olympischen Spitzenverbänden mit einer siebenstelligen Mitgliederzahl. Damit sind im DSB immer noch mehr Menschen organisiert, als in allen derzeit im Bundestag vertretenen Parteien zusammen.

DSB: Selbstverzwergter Riese

Politisch ist der DSB aber ein Zwerg, der meint Kreide fressen zu müssen, um keine Fördergelder oder ein paar Handshake-Fotos hochrangiger Schützenfunktionäre mit Spitzenpolitikern zu riskieren. Entsprechend halbgar fallen und fielen die wenigen offiziellen Verlautbarungen zu aktuellen wie vergangenen Plänen der jeweiligen Regierung aus, das Waffengesetz wieder mal schärfer zu fassen.

Wie kein anderer Verband profitiert der DSB vom deutschen Bedürfnisprinzip, das nur Jagd oder Schießsport als Grund anerkennt, legal als Privatperson erlaubnispflichtige Schusswaffen und die dazugehörige Munition zu besitzen. Auf welche Größe der DSB schrumpfen würde, wenn es auch z. B. ein anerkanntes Bedürfnis „Selbstverteidigung“ wie in Österreich gäbe, kann man nur erahnen. Der DSB ist 52 x größer als sein österreichisches Pendant, der ÖSB. Deutschland hat aber nur neun mal mehr Einwohner als die Alpenrepublik. Irgendwo dazwischen läge die Wahrheit.

Forum Waffenrecht

Die restlichen Schießsportverbände wie BDS, BDMP oder DSU sind auf Grund ihrer Sportprogramme i. d. R. mehr von Waffenrechtsverschärfungen betroffen, als der die olympischen Disziplinen repräsentierende DSB und schon von daher etwas agiler und weniger zurückhaltend. Aber auch hier setzt man weniger auf Konfrontation mit dem BMI und eigenen oder gar verbandsübergreifenden Kampagnen. Nicht die Mitglieder werden mobilisiert, statt dessen wird die Interessenvertretung gerne dem Forum Waffenrecht (FWR) überlassen. Vor 20 Jahren gab es immerhin mehrmals im Jahr für die Fördermitglieder ein informatives Magazin per Post, heute muss man alle paar Monate nachgucken, ob die FWR-Homepage überhaupt noch online ist. Neue Beiträge erscheinen wohl nur, wenn mal wieder das Waffengesetz verschärft werden soll, ansonsten ist auch mal ein Jahr Pause. Auch als Informationsquelle taugt die FWR-Webpräsenz nicht. Die gebotenen „Zahlen und Fakten“ entsprechen ungefähr dem Stand der späten 90er Jahre, auch sonst scheinen die restlichen Inhalte aus dieser Ära zu stammen. Ach ja, alle paar Jahre werden Delegierte gewählt, von denen keiner so richtig weiß, was die überhaupt machen. Guckt man sich im Lobbyregister des Deutschen Bundestages an, welche Mittel das FWR für Lobbyarbeit aufwendet, ist es ein niedriger, fünfstelliger Betrag. Ein Witz für eine Vereinigung, die für sich beansprucht, Interessenvertreter von Millionen zu sein.

Prolegal, FvLW, ELF: NRA für Arme

Der Vollständigkeit halber seien noch Organisationen wie „Prolegal“, „Fördervereiningung legaler Waffenbesitz“ oder „Europäische Legalwaffen Föderation“ genannt. Diese Vereine erblickten irgendwann das Licht der Welt, nährten Hoffnung auf wenigstens einen kleinen deutsche NRA-Abklatsch und versanken meist genauso schnell wieder in der Bedeutungslosigkeit. Dieses „Kleine NRA“-Potenzial hätte am ehesten noch die German Rifle Association (GRA) gehabt, doch während die anderen Orgas sich wenigstens mit Minimal-Jahresbeiträgen finanzieren wollten, kennt die GRA überhaupt keine Mitgliedsgebühren. Ganz ohne Einnahmen bzw. wenn die Einnahmen komplett für die eigene Verwaltung draufgehen, beraubt sich aber jede von noch so viel Idealismus getragene Lobbyorganisation ihrer Handlungsspielräume. So hat man keine Gestaltungsmöglichkeiten und gewinnt kaum Einfluss, schon gar nicht in der großen Politik.

Wer als Jäger und vor allem als Sportschütze also meint, dass „die Verbände“ seine Interessen angemessen vertreten, träumt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Verbände das gar nicht leisten können bzw. nicht leisten wollen. Entweder es fehlt wie beim DSB auf Grund der eigenen Interessenlage am Willen oder es fehlt schlichtweg am Geld, am Personal, an der erforderlichen Professionalität.

Hoffnungsträger: VDB

Der einzige Lichtblick und Ausnahme bildet hier der „Verband des Büchsenmacherhandwerks und Waffenfachhandels“, kurz VDB. Hier bestehen diese professionellen Verbandsstrukturen ohnehin und so war die Entscheidung, mit dem „VDB-Member“-Programm den Verband auch für alle vom Waffengesetz Betroffenen zu öffnen und Kräfte zu bündeln, folgerichtig. Mit 36 Euro Jahresbeitrag wird auch eine angemessene Summe fällig, um überhaupt in der Lage zu sein, nennenswerte Lobbyarbeit leisten zu können. Mit mittlerweile über 10.000 Fördermitgliedern verfügt der VDB nun auch über eine solide Basis, auf der man aufbauen kann, deren Erwartungshaltung aber auch befriedigt werden muss. Die im Zuge der aktuellen Waffenrechtsverschärfungsdebatte höchst erfolgreich angelaufenen Aktionen wie der Briefgenerator und eine Petition, die auch von zahlreichen Youtubern aus verschiedenen Bereichen promoted werden, stimmen optimistisch.

Unumgänglich: Interessenvertretung vor Ort

Was aber jedem klar sein muss: Auch eine noch so gut organisierte und professionelle Interessenvertretung ersetzt keine Lobbyarbeit vor Ort. Es reicht nicht, drei Euro im Monat zu bezahlen und „jemand“ den Rest zu überlassen. Eine Organisation wie der VDB kann viel auf den Weg bringen und auch Hilfestellung leisten, aber letztendlich steht und fällt alles mit dem Engagement und der Präsenz vor Ort.

Alleine der DSB verfügt über 14.000 Vereine und ist damit flächendeckend vertreten. Dagegen repräsentieren „nur“ 709 Abgeordnete die Wahlberechtigten im Bundestag. Rechnerisch kommen auf einen Abgeordneten 20 DSB-Vereine, die sich bei Bürgersprechstunden die Klinke in die Hand geben und auf ein bürgerfreundliches und weniger realitätsfremdes Waffenrecht drängen müssten. Auf die 403 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte kommen durchschnittlich knapp 35 Vereine. Genug, um in jedem Schützenkreis mehrfach Informationsveranstaltungen für Politiker, Medienvertreter und interessierte Bürger zu organisieren, Aufklärungsarbeit zu betreiben und das eigene Hobby zu präsentieren. Dazu darf und sollte man auch mit anderen Vereinen kooperieren. Über den eigenen Verband hinaus, gerne mit Jägern, gerne mit Airsoftlern, mit Paintballclubs usw.

Dazu muss in vielen Vereinen aber die Bequemlichkeit der Erkenntnis weichen, dass man selbst in der Verantwortung steht, für den Erhalt des Hobby zu kämpfen. Das kann einem letztendlich kein VDB, kein DSB, keine Landesverband, nicht einmal der Schützenkreis abnehmen. Ist der amtierende Vereinsvorstand dazu nicht willens oder in der Lage, dann müssen andere Verantwortung übernehmen. Es geht weit mehr um den Fortbestand des Hobbies. Wer immer noch nicht begriffen hat, dass längst ein politischer Frontalangriff läuft, der nicht nur den Schießsport in seiner Existenz bedroht und nicht bereit ist, den Kampf aufzunehmen, der soll Platz machen für diejenigen, die es sind.

Durch den Referentenentwurf aus dem Hause Faeser brennt die Hütte lichterloh. Ob die FDP dem Druck der Mit-Koalitionäre standhalten kann, ob es einen, wie auch immer gearteten, faulen Kompromiss geben wird, ist noch völlig offen. Fest steht nur, dass selbst nur eine teilweise Umsetzung dieses Bürokratiemonsters auch indirekt und keineswegs nur für Jäger und Schützen viel Schaden anrichten kann. Es wird nicht reichen, auf Facebook Beiträge zu liken, auf Twitter etwas zu retweeten oder eine Online-Petition mit zu zeichnen. Der Protest muss dort stattfinden, wo wir zu Hause sind. Im realen Leben, in der Mitte der Gesellschaft.

Beitragsbild: Brett Jordan auf Unsplash