Roman Grafe widerlegt sich selbst

Sie kennen das ja: Man sitzt gemütlich vorm Rechner, checkt die Aktienkurse und die Wettervorhersage und zwischendrin guckt man sich auf youtube einen mehr oder weniger lustigen Videoclip, in dem sich irgend ein Trottel zum Löffel macht, an.

Falls nicht genug Bandbreite für youtube zur Verfügung steht und man trotzdem lachen möchte, kann man sich alternativ auch in der SZ einen Gastbeitrag von Antiwaffenexperte Roman Grafe antun.

Jahr für Jahr werden in der Bundesrepublik Deutschland Menschen mit Schusswaffen von Sportschützen getötet – 2010 waren es nicht weniger als zehn. Allein in den vergangenen zehn Jahren haben Sportschützen im privaten Umfeld mehr Menschen erschossen als bei den Schulmassakern in Erfurt und Winnenden zusammen. Mehr als hundert Todesopfer von Sportwaffen seit 1991 sind bekannt – und verdrängt.

Das ist natürlich der Hammer, hundert Todesopfer von Sportwaffen seit 1991! Also statistisch gesehen, wenn seine Angabe stimmt, fünf pro Jahr. Natürlich ist jedes Opfer eines Tötungsdeliktes eines zuviel. Allerdings scheint Herr Grafe über eine sehr selektive Wahrnehmung zu verfügen.

Im von ihm beschriebenen Zeitraum wurden in Deutschland jährlich 3.200 – 5.140 Menschen Opfer eines Tötungsdeliktes. Der verlinkte Wikipedia-Artikel listet für die Jahre 1993 – 2009 65.548 solcher Delikte aus, also im Schnitt 3.850 pro Jahr. Selbst wenn man nur die Hälfte davon wertet, weil in diese Statistik auch Tötungsversuche einfließen, sind lediglich an 0,26 Prozent der erfassten Tötungsdelikte Sportwaffen beteiligt.

Oder anders ausgedrückt: Bei 99,74 aller Tötungsdelikte spielen Sportschützenwaffen ÜBERHAUPT KEINE ROLLE.

Hat die schweigende Mehrheit im Land Schuldgefühle, weil sie spätestens seit dem Erfurter Schulmassaker von den Millionen tödlichen Sportwaffen weiß und nicht weiter nachfragt? Nein, wir möchten am liebsten vergessen, könnte die Antwort lauten. Amokläufe sind aber keine Naturkatastrophen, sondern menschliches Tun, das man zumindest erschweren kann. Kein gesunder Mensch braucht tödliche Waffen als Mittel zum Spaß. In vielen deutschen Sportschützenvereinen schießt man schon jetzt nur mit Druckluftwaffen.

Die „schweigende Mehrheit“ hat wohl genug damit zu tun, den eigenen Alltag zu meistern und einfach keine Zeit und Lust, den herbeifantasierten Hirngespinsten von Herrn Grafe nachzuhängen. Die meisten Menschen in Deutschland wissen, dass das Leben nun mal lebensgefährlich ist. Trotzdem fahren sie mit dem Auto zur Arbeit oder nutzen die Bahn – auch wenn das Risiko eines tödlichen Unfalles ungleich höher ist, als von einem Sportschützen erschossen zu werden.

Denn auch das dürften den meisten Deutschen klar sein: Man kann keinen mit Vorsatz handelnden Mörder durch Gesetze und Vorschriften von seiner Tat abhalten. Deshalb sind nicht die Besitzer von registrierten Schusswaffen das Problem, sondern die selbsternannten Heilsbringer und Weltenretter, die vorgaukeln, durch Verbote können man Kriminalität verhindern.

Für Herrn Grafe sind Waffenbesitzer kranke Menschen. Wenn dem so ist, muss er ja ganze Waffenarsenale sein eigen nennen.