„Monitor“ und die Anscheins-Gesetzeslücken…

Außer „Monitor“ sind alle doof. Niemand hat bisher bemerkt, wie leicht man übers Internet ganz legal Deko-Kalaschnikows bestellen kann, die auch jeder ganz leicht wieder in scharfe Sturmgewehre zurückbauen kann. Dafür wären nur ein paar Handgriffe nötig und es gibt kein Gesetz, das das verhindert.

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So, grob zusammengefasst, bewirbt die „Monitor“-Redaktion in einer Pressemitteilung die heutige (18.10.2012) Sendung, die ab 21.45 Uhr in der ARD über die Mattscheiben flimmert.

Ganz legal kann jedermann im Internet ausrangierte Kriegswaffen erwerben, die mit einigen gezielten Handgriffen wieder schussfähig gemacht werden können. Das berichtet das ARD-Magazin MONITOR in seiner heutigen Ausgabe (Das Erste, 21.45 Uhr). Immer häufiger fallen solche als „Dekorationswaffen“ verkauften demilitarisierten Kriegswaffen der Polizei bei Razzien in die Hände. Besonders bedrohlich: Viele Funde stammen aus dem rechtsextremen Milieu. Mehrfach wurden dort auch wieder schussfähig gemachte Kriegswaffen gefunden. Nach MONITOR-Recherchen treten auch mehrere bekannte Rechtsextreme als Anbieter solcher „Dekowaffen“ auf. Da es die Bundesregierung seit Jahren versäumt, genaue Vorschriften zu erlassen, wie solche Kriegswaffen schussunfähig gemacht werden müssen, ist die Polizei machtlos, wenn sie bei Durchsuchungen auf nur halbherzig schussunfähig gemachte Dekorationswaffen trifft.
(…)

Hört sich schlimm an.

Viel schlimmer ist es aber, dass vermeintlich gut ausgebildete und professionelle Journalisten scheinbar nicht in der Lage sind, den Wahrheitsgehalt ihrer eigenen Aussagen wenigstens vorher mittels einfachster Internet-Recherche quer zu prüfen.

Ein wenig googlen, dann kann man z. B. auf der VDB-Seite lesen, was der Gesetzgeber verlangt, damit Deko-Umbauten legal sind:

1.4 Unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen)
Schusswaffen sind dann unbrauchbar, wenn
1.4.1 das Patronenlager dauerhaft so verändert ist, dass weder Munition noch Treibladungen geladen werden können,
1.4.2 der Verschluss dauerhaft funktionsunfähig gemacht worden ist,
1.4.3 in Griffstücken oder anderen wesentlichen Waffenteilen für Handfeuer-Kurzwaffen der Auslösemechanismus dauerhaft funktionsunfähig gemacht worden ist,
1.4.4 bei Kurzwaffen der Lauf auf seiner ganzen Länge, im Patronenlager beginnend,
– bis zur Laufmündung einen durchgehenden Längsschlitz von mindestens 4 mm Breite oder
– im Abstand von jeweils 3 cm, mindestens jedoch 3 kalibergroße Bohrungen oder
– andere gleichwertige Laufveränderungen aufweist,
1.4.5 bei Langwaffen der Lauf in dem dem Patronenlager zugekehrten Drittel
– mindestens 6 kalibergroße Bohrungen oder
– andere gleichwertige Laufveränderungen aufweist und vor diesen in Richtung der Laufmündung mit einem kalibergroßen gehärteten Stahlstift dauerhaft verschlossen ist,
1.4.6 dauerhaft unbrauchbar gemacht oder geworden ist eine Schusswaffe dann, wenn mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen die Schussfähigkeit der Waffe oder die Funktionsfähigkeit der wesentlichen Teile nicht wiederhergestellt werden kann.

Ordnungsgemäß zu Dekos abgeänderte, ehemalige Kriegswaffen kann man also keineswegs mit ein paar Handgriffen wieder in funktionsfähige Schusswaffen verwandeln, wie das die „Monitor“-Pressemitteilung suggeriert. Zumal das Anbieten solcher Dekos genau wie der Rückbau ohnehin illegal wären. Und Rechtsbrecher werden sich auch von jedem weiteren Verbot, das es verbietet, Verbote zu missachten, nicht sonderlich beeindrucken lassen.

Hoffentlich ist der Fernsehbeitrag besser, als es die Pressemitteilung erwarten bzw. befürchten lässt. Der erste Eindruck erinntert aber eher an ein Ballontreffen.

Viel heiße Luft.

Nachtrag 22.15 Uhr:

Die Befürchtungen waren leider berechtigt.

Viel Rauch, aber kein Feuer. Unheilschwangere Andeutungen, nichts konkretes.

Bei den „einigen, gezielten Handgriffen“, mittels derer man angeblich ein MG wieder reaktivieren kann wurde leider „vergessen“ zu erwähnen, dass man die benötigten „Ersatzteile“ in Deutschland nicht erwerben kann, jedenfalls nicht legal. Diese „Ersatzteile“, Verschluss und Rohr, sind nämlich wesentliche Teile von Kriegswaffen.

Auch der völlig legale Kauf einer völlig legal zu erwerbenden Dekowaffe war nicht spektakulär genug. Da musste man auch etwas in die stilistische Trickkiste greifen und dem unbedarften Zuschauer vorgaukeln, dass der Erwerb regelrecht unter konspirativen Umständen erfolgt wäre.

Bei dieser Deko-AK 47 war anschließend von den „einigen, gezielten Handgriffen“ zum Rückbau in „scharf“ auch keine Rede mehr, statt dessen vom „Auftragsschweißen“. Das man außer dem Verschluss auch noch Patronenlager, Lauf und Griffstück ersetzen bzw. in einen wieder funktionsfähigen Zustand versetzen müsste und dazu auch entsprechende Fachkenntnisse, Materialen und Maschinenpark benötigt, wurde auch „vergessen“ zu erwähnen.

Wenn „Montior“-Redakteurinnen davon ausgehen, dass illegale Waffenbeschaffer mit Zugriff auf wesentliche Teile von Kriegswaffen und Kenntnissen der Waffenbearbeitung sich nicht anderweitig mit Schusswaffen versorgen kann, als nur über den Umbau von Deko-Waffen, ist das extrem realitätsfremd. Dann sind auch die Neonazis nur schmückendes Beiwerk, um der reißerischen Berichterstattung noch ein weiteres Skandalhäubchen aufzusetzen.

Interessant sind viel mehr die Angaben, die seitens „Monitor“ vorenthalten wurden: Wie viele Dekowaffen gibt es, wie viele werden illegal umgebaut und wie viele davon wurden schon bei Verbrechen eingesetzt? Haben die im Beitrag genannten Händler gesetzeskonform geänderte Dekos vertrieben? Wenn ja, keinem der „Monitor“-Händler wurde ein rechtswidriges Handeln zum Vorwurf gemacht, warum hat man den nicht die Vertreiber der offensichtlich nicht vorschriftsgemäß geänderten Dekos wenigstens versucht, ausfindig zu machen?

Meine Vermutung: Es interessiert die „Monitor“-Leute schlichtweg nicht. Es geht darum, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen und einen Skandal zu erfinden. Waffen UND Neonazis in einem Beitrag. Das sichert Einschaltquote und Nachberichterstattung der schreibenden Zunft. Der Zuschauer wird verarscht und die Wahrheit bleibt auf der Strecke.

Business as usual, eben.

8 Kommentare

  1. Vollkommen richtig, so leicht ist aus dem Stück Metall keine Knarre zu machen, denn Waffenrelevante Teile gibts dazu nur bei Erwerbsberechtigung, die für diese Waffen keiner ausstellt. Also ist die Sendung in dieser Form Schwachsinn und Panikmache, viel gefährlicher sind Politik und Behörden, die Waffen gegen das eigene Volk einsetzen, meine ich.

  2. Ich hab an das Forum der Sendung die folgende Mitteilung gesendet. Mal sehen, ob das veröffentlicht wird…

    Sehr geehrte Damen und Herren vom Magazin „monitor“…

    Im journalistischen Ehrenkodex ist die Verpflichtung zur Wahrheit und die besondere Sorgfalt zur Vermeidung falscher oder irreführender Meldungen allgemein anerkannt. Dazu gehört auch die Pflicht, Falschmeldungen zu korrigieren, beispielsweise durch Veröffentlichung einer Berichtigung oder Gegendarstellung in der nächsten Ausgabe der Publikation. Die Gegendarstellung muss an derselben Stelle (= Sendeplatz bzw. -zeit) in der Publikation wie die Falschmeldung (= Magazin „monitor“ ) und in entsprechender Größe (= Länge des Beitrages) platziert werden.

    Nachzulesen bei „Wikipedia“ unter „Pressekodex“:

    Inhalt des Pressekodex (Auszug):

    – Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

    – Nachrichten und Informationen sind auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.

    – Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich richtigzustellen.

    – Bei der Recherche dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden. Die vereinbarte Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis sind zu wahren.

    – Redaktionelle Veröffentlichungen dürfen nicht durch private oder geschäftliche Interessen der Journalisten, Verleger oder Dritter beeinflusst werden. Eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Werbung ist ebenso notwendig wie die Verweigerung der Annahme von Vorteilen.

    – Die Presse achtet das Privatleben, die Intimsphäre sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Menschen.

    – Unbegründete Behauptungen und Beschuldigungen, Ehrverletzung, Veröffentlichungen, die das sittliche oder religiöse Empfinden verletzen, und eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt und Brutalität sind nicht zulässig.

    Auf Grund Ihres eingenen, oben genannten journalistischen Ehrenkodexes und der Tatsache, daß Sie in Ihrem Magazin „monitor“ vom 18.10.2012 (Sendezeit 21:45 Uhr) nachgewiesener Maßen falsche Behauptungen und falsche Tatsachenfeststellungen veröffentlicht haben, verlange ich eine öffentliche Korrektur bzw. eine Gegendarstellung in Ihrer nächsten Sendung.

    Des Weiteren behalte ich mir vor, diesen Sachverhalt dem Deutschen Presserat mitzuteilen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    AxelCGN

  3. Spektakulär – und nächste Woche:
    Schrottreife Autos lassen sich mit wenigen Handgriffen wieder fahrtüchtig machen.

    Einfach die Karosserie bei einem Karosseriebauer nachbauen lassen und das Ersatzteil Motor ‚beschaffen‘.

  4. Wer das glaubt wird Seelig: Die Redaktion
    Kalaschnikow per Mausklick: Wie Rechtsextreme und Waffennarren sich im Internet ganz legal mit ehemaligen Kriegswaffen versorgen können
    19. Oktober 2012 16:46 Moderator
    Registrierungsdatum: 3 Jahre zuvor
    Beiträge: 226
    Liebe Forums-Teilnehmer,

    mit großem Interesse verfolgen wir die Diskussion hier im Forum, die Reaktionen und natürlich die Kritik. Einige Punkte möchten wir noch einmal deutlich machen:

    1. Wir möchten die Tatsache festhalten, dass es derzeit keine gesetzliche Regelung gibt, die die Kriterien festlegt, wann ehemalige Kriegswaffen endgültig demilitarisiert sind. Es gibt seit letztem Jahr im Waffengesetz zwar eine Ermächtigungsnorm für eine Rechtsverordnung, die die Kriterien für den Rückbau von Deko-Waffen rechtsverbindlich regeln soll; genau diese Rechtsverordnung wurde bisher aber noch nicht erlassen. Dieses Defizit und die damit verbundene Rechtsunsicherheit haben uns bei unseren Recherchen sowohl Staatsanwälte, als auch Richter und Waffenexperten immer wieder verdeutlicht. Man erklärte uns, dass dies in der Praxis oft zu großen Problemen führe. Während unserer Recherchen beschrieb uns beispielsweise ein Richter fassungslos, dass er einen Angeklagten freisprechen musste, obwohl er eine deaktivierte Kriegswaffe fast wieder schussfähig gemacht hatte. Da aber eine Regelung fehle, konnte er sie auch nicht anwenden bzw. hatte keinen rechtsverbindlichen Maßstab. Also musste dem Besitzer dieser manipulierten Kriegswaffe selbige wieder zurückgegeben werden. Eine „beängstigende Gesetzeslücke“ sei das. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat in seiner Antwort an Monitor eingeräumt, dass die momentane Gesetzeslage nicht ausreicht. Das BMWi schreibt von „keinem rechtlich verbindlichen Charakter“ bei Richtlinien.

    2. Wir haben sorgfätig darauf geachtet, dass dieser Bericht keine Anleitung zum Waffenbau ist. Wir haben nur einzelne Punkte angedeutet um zu zeigen, wie simpel dieser Rückbau sein kann, wenn man das Fachwissen besitzt. Natürlich bedarf es auch krimineller Energie und einigen Aufwand, um eine deaktivierte Waffe wieder schussfähig zu bekommen und es hängt sicherlich auch vom Modell und vom konkreten Zustand der Waffe ab. Aber nicht nur der Waffenexperte des LKA Bremen sondern auch zahlreiche andere Sachverständige haben uns gegenüber immer wieder darauf hingewiesen, wie einfach ein solcher Rückbau sein kann – oft einfacher als der illegale Erwerb einer kompletten Waffe.

    3. Viele der von uns befragten Experten, darunter Polizeivertreter, Oberstaatsanwälte und Landeskriminalämter, weisen darauf hin, dass schussfähig gemachte Deko-Waffen bei Razzien immer häufiger auftauchen.

    Alleine in diesem Jahr (2012) gab es bereits fünf Razzien in Deutschland, bei denen Deko-Waffen von der Polizei sichergestellt wurden. Einige Waffen waren wieder schussfähig gemacht worden, bei anderen stellten die Ermittler fest, dass zumindest versucht wurde, sie wieder scharf zu machen. Wenn man den Zeitraum erweitert, findet man etliche Razzien, bei denen insbesondere im rechten Milieu viele Deko-Waffen, auch rückgebaute, gefunden wurden. Oft im Zusammenhang mit Propaganda-Material und scharfer Munition. Auch das LKA Niedersachsen hat erst diese Woche bestätigt, dass es mehrere Fälle gab, bei denen Deko-Waffen wieder schussfähig gemacht wurden.

  5. und jetzt wird im Forum nichts mehr veröffentlicht…“sehr sehr sehr komisch“ Monitor eben:Wer so einen Mist glaubt wird Seelig!!!

    Es ist Freitag Abend, kurz nach neun. Gönnen wir den Monitor-Redakteuren doch ihren Feierabend und ein schönes Wochenende. Spätestens am Montag wird es weiter gehen, von mir steckt auch noch ein Kommentar in der Warteschleife. 😉

    BK

  6. Ja und mit der nötigen Fachkenntnis und den Werkzeugen kann man sich auch eine Waffe aus einem Stück Stahl selbst Herstellen. So einfach ist das hier in Deutschland und der Gesetzgeber tut nichts dagegen. Warum auch weil wir in einer freien Gesellschaft leben und der Staat sich auf die rechtstreue seiner Bürger verlassen sollte.
    Monitor mach halt wieder aus einer Mücke einen Elefanten.

  7. Beschwerde von prolegal beim Rundfunkrat

    prolegal hat offiziell Beschwerde beim Rundfunkrat des WDR wegen der MONITOR-Sendung vom 18.10.2012 eingelegt.

    Betroffen von der Beschwerde sind die WDR-Mitarbeiter:

    – Swantje Hirsch
    – Nikolaus Steiner
    – Isabel Schayani

    und der verantwortlichen Redaktionsleiter Georg Restle.

    In dem angesprochenen Beitrag „Kalaschnikow per Mausklick“ wird durch manipulative Berichterstattung die gesamte Waffensammler-Szene der Deko-Waffen in die Rechte Ecke gedrängt und der Eindruck erweckt man könne mit haushaltsüblichen Werkzeugen zu Deko-Waffen umgebaute ausrangierte Schusswaffen wieder schussfähig machen.

    Das Beschwerdeschreiben an den Rundfunkrat können Sie hier einsehen:

    http://www.prolegal.org/images/PDF/Programmbeschwerde.pdf

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