Legaler Waffenbesitz findet in Deutschland nicht in der Öffentlichkeit statt. Vielleicht sieht man mal auf dem Land einen Jäger mit der Büchse auf dem Weg ins Revier – das war es schon. Sammler verbergen ihre Schätzchen in Panzerschränken oder Tresorräumen, Sportschützen transportieren ihre Waffen gut verpackt und vor neugierigen Blicken geschützt in verschlossenen Koffern, Taschen oder Futteralen und packen sie erst auf dem Schießstand aus.
Vielleicht ist es diese, durchs Waffengesetz reglementierte, mangelnde Präsenz, die manchen Schreiberling die wahren Ausmaße legalen Waffenbesitzes und den zunehmenden Organisationsgrad der Besitzer registrierter Waffen unterschätzten lässt. Und wenn sich gar eine dieser jungen Lobbyorganisationen wie Pro Legal erdreistet, sich nicht alles gefallen zu lassen und das sich-empören nicht ausschließlich den Gut- und Bessermenschen überlässt, erntet man wutschäumende Hetzartikel:
Wildeshausen- An einem Freitagmorgen im Mai klingelte das Diensthandy von Dieter Buskohl plötzlich Sturm: In Wildeshausen und Ganderkesee sei es zu Geiselnahmen gekommen, informierten die Kollegen den Oldenburger Polizeivizepräsidenten; der Geiselnehmer, ein „leidenschaftlicher Waffensammler“, sei durchgedreht, nachdem ihm wegen einer Trunkenheitsfahrt das Führen von Waffen verboten worden war. Buskohl rief umgehend den Krisenstab ein.
Nach fünf Stunden hatte die Polizei die Lage unter Kontrolle: Die Geiseln konnten befreit werden, der Waffensammler wurde festgenommen.
Was sich liest wie eine Horror-Meldung, war zum Glück nur eine spektakuläre Großübung der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land. Polizeivize Buskohl zeigte sich anschließend „hoch zufrieden“ mit seinen Beamten: Die Kollegen hätten erfolgreich ein sehr komplexes Einsatzszenario bewältigt.
So weit, so gut. Das Thema hatten wir ja hier schon. Dann folgt beste journalistische Wertarbeit, nämlich ein paar per copy & paste von der Pro-Legal-Seite zusammenkopierte Versatzstücke nebst abwertender Kommentierung:
500 Kilometer weiter südlich stieß die Großübung auf weniger Begeisterung.
„An den Haaren herbeigezogen“ sei die Ausgangssituation der Übung, beschwerte sich der Verein „Pro Legal – Interessengemeinschaft für Waffenbesitz“ bei Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und bei der Polizeidirektion Oldenburg. In einem Offenen Brief klagte der Verein, die Polizei habe aufgrund von „Stereotypen und wohlgepflegter Vorurteile“ Waffensammler aus ihrer „stillen und unspektakulären Ecke hervorgezerrt und einer völlig verzerrten medialen Meinungsbildung preisgegeben“.
Das geht natürlich überhaupt nicht. Waffenbesitzer haben gefälligst die Schnauze zu halten und sich alles gefallen zu lassen, und sei es ein noch so absurdes, realitätsfremdes Geiselnehmerszenario.
Auf der Vereins-Homepage sind auch die „Strategien“ formuliert, mit denen „Pro Legal“ diese Ziele erreichen will. Das klingt dann so: „Schnelle und effiziente Durchführung von beschlossenen Aktionen, die den Zielen der Organisation dienen. Dazu wählt das Direktorium (…) einen oder mehrere Profis aus (…). Diese erhalten für den jeweiligen Fall (…) den Auftrag, mit Nachdruck alle, zur Zielerreichung erforderlichen, demokratischen Mittel und Maßnahmen zu erreichen.“
Skandal aber auch! Fast könnte man meinen, dass das Recht auf eine eigene Meinung oder das Versammlungs- oder Demonstrationsrecht auch für Waffennarren gelten. Mal bei Pro-Legal direkt nachfragen geht natürlich nicht, was da an Informationen im Netz steht, reicht aus.
Anders natürlich bei den ehrenwerten und weisen Waffenbesitzverbotsfanatikern, denen selbstverständlich Raum für ihre übliche Propaganda eingeräumt wird.
Post ging auch ans Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden. „Pro Legal“ wirft den Mitgliedern vor, sich „ohne Fachkenntnis“ in die Waffenrechtsdiskussion in Deutschland einzumischen: Beim Aktionsbündnis liege „außer der Betroffenheit gar keine Qualifikation“ vor.
„Das stimmt“, sagt Aktionsbündnis-Sprecherin Gisela Mayer: „Wir haben uns nicht erst qualifizieren lassen, um anschließend unsere Kinder erschießen zu lassen.“
Das der offene Brief von Pro Legal eine Antwort auf einen eben solchen Brief vom Aktionismusbündnis Winnenden war, wird dem unbedarften Leser natürlich vorenthalten. Frau Mayer sei ein zynisches Statement zugestanden, immerhin wirkt das authentischer, als wenn sie sich zu Waffenrecht, Ballistik oder Schießsportthemen äußert.
Kommerzielles Interesse
Erschossen wurde Nina mit einer 9-Millimeter-Pistole vom Typ „Beretta“. Der Sportschütze Jörg K. hatte die Waffe 1992 bei der Firma Merkle in Backnang (Baden-Württemberg) gekauft. 17 Jahre später nahm K.s Sohn Tim (17) die Beretta aus dem Kleiderschrank des Vaters und tötete bei seinem Amoklauf 15 Menschen, anschließend erschoss er sich selbst.Waffenhändlerin Sylvia Merkle aus Backnang gehört heute zum zehnköpfigen Direktorium von „Pro Legal“.
Na sowas! In einer Waffenrechtsorganisation organisieren sich ausgerechnet auch Waffenhändler! Offenbar wollte man bei Pro Legal dies besonders geheim halten, deshalb hat man die Unterstützerliste auch direkt auf der Startseite platziert. Eine Glanzleistung des investigativen Journalismus, dies aufzudecken. So ungefähr, jedenfalls.
Dann kommt wieder keiner von Pro Legal zu Wort, dafür wieder Frau Mayer:
Gisela Mayer vom Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden sagt: „Es ist das legitime Recht eines Jeden, nicht durch das Hobby eines Anderen gefährdet zu werden.“ Sie lasse es sich von „Pro Legal“ nicht verbieten, über Waffenrecht zu sprechen. „Man darf die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass alle Amokläufe in Deutschland mit Waffen aus legalem Waffenbesitz verübt wurden“, warnt sie.
Da haben wir sie wieder, die Expertin Mayer. „Tatsache“ und „alle Amokläufe“. Alle. Auch die hier. Wer solche „Tatsachen“ verbreitet, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich Leute, die sich in der Materie TATSÄCHLICH auskennen, auch mal das Wort erheben.
Der Experte für Fehleinschätzungen darf natürlich auch in keinem Antiwaffenbesitzartikel fehlen:
Rückendeckung erhält Buskohl aus Hannover vom Innenministerium („Wir stehen hinter der Polizei“) und vom Kriminologen Prof. Dr. Christian Pfeiffer: „Das Übungsszenario ist realistisch; es kommt immer wieder vor, dass gerade Waffennarren mit unnachgiebiger Zähigkeit an ihrem Besitz festhalten.“
Wenn der Dr. Pfeiffer das sagt, dann muss das ja stimmen. Genau wie damals, mit seinem Gutachten über den Fall Sebnitz. Oder die Geschichte mit den Pullertöpfchen. Eigentlich wollte ich Sebnitz und Pullertöpfchen mit passenden links versehen, aber dann habe ich das hier gefunden.
Doch das Beste kommt zum Schluss:
Schlecht stehen die Chancen auf eine Anerkennung nicht, denn „Pro Legal“-Vorstand Markus Präg hat bereits Erfahrung damit: Er ist auch Vorsitzender des als gemeinnützig anerkannten Schützenvereins „Gross Kaliber Dreiländereck“. Der Verein trainiert hauptsächlich das sogenannte IPSC-Schießen, ein sportliches Schießen mit Großkaliber-Waffen aus der Bewegung heraus. Otto Obermeyer, der ehemalige Präsident des Bundes Deutscher Sportschützen, sagte im Interview mit dem NDR über IPSC: „Für mich ist das reines Kampfschießen, was hier gemacht wird, unter dem Deckmantel des Sportschießens.“
Wow, wieder blitzsauber recherchiert. Immerhin musste man die „Gründungsmitglieder„-Seite angucken und den link anklicken, der hinter Herrn Prägs Name gesetzt wurde.
Ausgerechnet einen Otto Obermeyer als Zeugen der Anklage etablieren zu wollen, zeugt auch von völliger Unkenntnis der Materie. Hauptsache, man hat einen vermeintlichen Insider gefundern, der genau das erzählt, was man hören will. Der Rest wird, wie üblich, ausgeblendet und ignoriert.
Immerhin, besser eine schlechte Publicity als gar keine. Von daher sollte man dem Redakteur Karsten Krogmann noch dankbar sein für seinen Artikel. Der ist zwar einseitig und tendenziös, letztendlich sind es aber solche Lügen-, Hetz- und Diffamierungsartikel, die aus bisher politisch eher passiven Jägern oder Schützen aktive, sich organisierende und engagierende Waffenlobbyisten macht. Danke dafür!
KLASSE… Daumen hoch für diesen tollen Artikel.
Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich beim Lesen der NWZ kotzen möchte…
Herr Krogmann vom Käseblättchen NWZ, jetzt erdreistet man sich auch noch ihren schönen Artikel zu zerreißen. Na, immerhin wird das hier gelesen. Gut gemacht!
NWZ? Nationalistische Wochenzeitung? Hatte von diesem Blatt bisher noch nichts gehört.
Na man kann nur hoffen das dieser Artikel viele Leute dazu bringt sich die ProLegal Seite anzusehen. Wo sie sich dann über die Warheit informieren können.
[…] Karsten Krogmann, die giftspritzende Feder der Nord-West-Zeitung, hetzt mit krummen Argumenten, Lügen und ideologischer Polemik, die direkt vom AAW und Grafe stammen könnten, gegen Pro-Legal und den legalen Waffenbesitz. Bitte lesen Sie auch die Kommentare dazu, sowie auf jeden Fall den treffenden Artikel von Benedikt Kraintz auf Meinungsterror.de. […]