Zeit(d)ung

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Neulich beklagte ich in meinem Artikel „Gun Control auf Tauchstation“ die völlige Ignoranz der Weltverbesserer gegenüber Gewaltverbrechen, solange keine legalen Waffen im Spiel waren und schrieb:

Derzeit schweigen sie wieder besonders laut, die selbstgerechten Weltverbesserer, selbsternannten Kriminalitätsexperten und sonstige scheinheilige Claqueure der nationalen wie internationalen “Gun Control”-Bestrebungen.

Ob Wolf Wiedmann-Schmidt meinungsterror.de kennt, weiß ich nicht. Aber irgendwie könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass sich da „gewisse Kreise“ mangels verwertbarer Legalwaffenmissbräuche genötigt sahen, den „Zeit“-Lesern mal wieder den „rechten“ Weg zu weisen.

Zwar registriert das Statistische Bundesamt jährlich rund 70 Tote durch Schusswaffen bei Angriffen und Unfällen, dazu kommen etwa 750 Selbstmorde. Ob die Todesschüsse aus einer illegalen oder einer legalen Waffe kamen, wird aber seltsamerweise nicht erfasst.

Trotzdem behauptet die Schützenlobby, dass nur von illegalen Waffen eine große Gefahr ausgehe, und verweist auf Raubmörder, kriminelle Banden und Terroristen. Doch legale Waffen sind nicht harmloser: Nach Recherchen der ZEIT wurden allein im vergangenen Jahr mindestens 27 Menschen in Deutschland mit registrierten Schusswaffen getötet – bei insgesamt 54 bekannt gewordenen Todesfällen durch Schusswaffen.

Zunächst einmal wäre es sicher nicht nur mir neu, dass die „Schützenlobby“ behauptet, dass nur von illegalen Waffe eine große Gefahr ausgehe. „Die weitaus größere Gefahr geht von illegalen Waffen aus“ bzw. „die eigentliche Gefahr sind die illegalen Waffen“ – das sind die üblichen Aussagen.

Leider bleibt die „Zeit“ dem Leser schuldig, wie sich die Zahl der angeblichen Toten durch registrierte Schusswaffen zusammensetzt. Meine persönliche Vermutung: Man hat einerseits die „Statistik“ des Sportmordwaffen-Hyperventilators Roman Grafe für bare Münze genommen und deren Angaben um Jagdunfälle und tödlichen Polizeiwaffengebrauch erweitert – schon kommt man irgendwie auf 27.

Dank der interaktiven Karte kann man sogar gucken, in welchen Landkreis es wie viele Waffen pro Tausend Einwohner gibt. Registrierte Waffen, natürlich. Danach müsste es in den Legalwaffenbesitznotstandsgebieten Hamburg oder Berlin ja besonders friedlich sein, während uns aus der Waffenbesitzerhochburg Landkreis Lüchow-Dannenberg täglich über Schießereien berichtet werden. Die Realität sieht natürlich unwesentlich anders aus. Genau wie im Osten:

Im Osten Deutschlands zeigen sich noch die Folgen der DDR: Dort gibt es weniger Schusswaffen, weil Schützenvereine verboten waren. Bedenklich stimmt, dass es in Regionen, in denen es viele registrierte Waffen gibt, auch gehäuft zu Todesfällen durch diese zu kommen scheint.

Also müsste es im Osten dann ja weniger Morde geben. Seltsam nur, dass Matthias Stolz, ebenfalls in der „Zeit“, noch 2011 zu einer ganz anderen Erkenntnis kam:

Gut, im Osten sind schon seit Jahren ein paar mehr Opfer zu beklagen als im Westen (es bringen sich also nicht nur die Reichen gegenseitig um, wie das Fernsehen lehrt).

Was denn nun, mehr Morde im Osten, obwohl da doch, wie wir gerade gelesen haben, viel weniger Waffen registriert sind?

Eine Zeitung mit Antiwaffenagenda wäre aber keine Zeitung mit Antiwaffenagenda, wenn man nicht noch mehr nicht genannte Quellen zitieren würde. So schlaumeiert der Autor:

Dies wird auch durch eine gerade erschienene internationale Vergleichsstudie gestützt: mehr Waffen, mehr Tote.

Diese nicht näher benannte „internationale Vergleichsstudie“, gaaaanz bestimmt nicht von der IANSA in Auftrag gegeben und finanziert, ist selbstverständlich auch über alle Zweifel erhaben. Sonst müsste man sich nämlich fragen, wie es denn sein kann, dass in der „Welt“ vor kurzem ein Artikel etwas näher an der Realität war:

Eine Gesamtstatistik der Morde in den USA für 2013 liegt noch nicht vor. 2012 hatte die Zahl derartiger Kapitalverbrechen im Vergleich zu 2011 von 13.993 auf 14.186 zwar um 1,3 Prozent leicht zugenommen. Aber gegenüber den 23.000 Morden des Jahres 1990 ist dies ein Rückgang um etwa 40 Prozent.

Wenn in den waffenstarrenden USA von 1990 bis 2012 die Anzahl der Morde um 40 (!!!) Prozent zurückgegangen ist, gleichzeitig der Anzahl der privat besessenen Waffen jährlich um mehrere Millionen Stück gestiegen ist – was hat den diese Vergleichsstudie verglichen?

Aber das im bestgehassten Land der deutschen Weltverbesserer einmal mehr das Märchen der Gun-Control-Freaks, wonach „jede Waffe mehr Kriminalität bedeutet“ durch die Wirklichkeit widerlegt wurde, verschweigt man dem „Zeit“-Leser lieber.

Statt dessen nötigt man zur Stützung der eigenen Thesen einem Provinzfunktionär einer Polizeigewerkschaft ein Statement ab, das perfekt ins Weltbild eines „Zeit“-Redakteurs passt:

„Es gibt nach wie vor zu viele Schusswaffen in Deutschland“, sagt Arnold Plickert, Chef der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen. „Nicht jeder, der derzeit eine Waffe hat, sollte diese wirklich haben.“

Leider ist nicht überliefert, ob der Herr Plickert das auf die illegalen Waffen bezogen hat oder Jäger und Sportschützen die Adressaten sind.

Der Standpunkt der GdP, nachzulesen in den protokollierten Expertenaussagen vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages, klingt da etwas anders:

Zum Thema mehr öffentliche Sicherheit durch weniger private Waffen: Ich sage das auch unter dem politischen Einfluss. Man kann diese Frage diskutieren und es ist auch immer zulässig, bei den entsetzlichen Verbrechen, die in jüngster Zeit verübt wurden, diese Frage auf die Tagesordnung zu setzen. Nur, und das ist auch die Position der GdP, man muss sich dann auch mit den Fakten auseinandersetzen, die tatsächlich von uns und auch von anderen erfasst werden. Man kann sich dem Thema Amoktaten aus unserer Sicht nur dann seriös nähern, wenn man das Gesamtspektrum der Schusswaffenkriminalität voll erfasst und sich mit diesen Zahlen auseinandersetzt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) – die letzte für das Bundesgebiet ist gerade veröffentlicht worden – weist folgende Zahlen auf: 1971 von erfassten Fällen, gedroht 6.065 und geschossen 12.904. 2011 waren es 6.623 Fälle des Drohens mit einer Schusswaffe und geschossen 5.597, also von 12.900 auf 5.597. Es ist völlig legitim, insbesondere für politische Organisationen, das Thema so auf die Tagesordnung zu bringen. Nur, der entsprechende Schluss, dass weniger private Waffen gleichzeitig zu mehr öffentlicher Sicherheit führen würde, ist aus unserer Sicht anhand dieser Zahlen nicht belegt. Belegt ist aber und das ist für die GdP, die 171.000 Mitglieder vertritt, besonders wichtig, der illegale Schusswaffenbesitz ist aus unserer Sicht das große Problem.

Früher brauchten bestimmte Qualitätsblätter wenigstens noch einen konkreten Anlass, um ihre Leser zu einer ablehnenden Haltung gegenüber legalem, privatem Waffenbesitz zu erziehen. Mittlerweile scheint man schon einen Schritt weiter zu sein und man ist in die Desinformations-Offensive übergegangen.

Ob das jetzt daran liegt, dass man die eigene Weltverbesserermission durch die neuen Medien und den damit verbundenen Fluss ungefilterter Informationen gefährdet sieht oder ob man dem Sportmordwaffen-Journalistenkumpel nur mal wieder einen Freundschaftsdienst erwiesen hat, bleibt offen.

Immerhin hat man wieder ein paar Zahlen und Zitate in die Welt gesetzt, die man in Zukunft schön zitieren kann.

Das ist doch auch was.

Nachtrag:

Ich muss mich korrigieren, die von der „Zeit“ genannten Opferzahlen kann man im Detail anschauen, wenn man in der interaktiven Karte den kleinen Kasten markiert. Wie befürchtet, wurden jede Menge Jagdunfälle eingerechnet.

Einen sehr guten Artikel zum gleichen Thema mit weiteren interessanten Informationen findet man auf den Seiten der German Rifle Association.

2. Nachtrag:

Unbedingt lesenswerter Artikel „Viele Waffen = wenig Verbrechen?“ von Katja Triebel

Und, wie befürchtet, bedient man sich in den Kreisen der Volksentwaffnungssympathisanten schon fleißig im Wiedmann-Schmidt-Artikel und verbreitet fleißig dessen Zahlenangaben.

10 Kommentare

  1. Dass „renommierte“ Zeitungen so ungestraft Falschmeldungen, Ammenmärchen und ideologisch gefärbte Meinungen der Journalisten als sorgfältig recherchierte und unparteiische Berichte verkaufen dürfen, finde ich beängstigend. Das tiefe Misstrauen gegenüber allen Print- und TV Medien wird immer wieder neu geschürt und bestätigt. Als ich jung war (70er), schienen mir die großen Tageszeitungen die unbestrittene integere Instanz, das gute Gewissen des Landes zu sein. Umso mehr enttäuschend, mit welchen propagandistischen Mitteln heute versucht wird, den gemeinen, oft leicht manipulierbaren Leser von des „Journalisten“ pervertierten Meinung zu überzeugen.

  2. Was mich bei dem Ganzen nicht nur irritiert, sondern regelrecht entsetzt ist dieser Satz in dem Zeitungsartikel :

    „Die ZEIT hat daher erstmals die Zahlen aller 550 Waffenbehörden zusammengetragen.“

    Habe ich da etwas verpasst oder darf ein jeder Bürger sich bei der Waffenbehörde erkundigen vieviel regestrierte Waffen sich in seinem Umfeld befinden ? Wo bitte ist der Datenschutz ? Und was, wenn das Zentrale Waffen Register steht, kann ich dann anfragen ob mein Nachbar Waffen besitzt, nur so, als reine Info ?

    Was wird so ein Schreiberling als nächstes bringen. Name und Adressen von LWB`s um die Bevölkerung zu warnen, so wie in Amerika Sexualstraftäter und Kinderschänder.

    Mir wird gerade ganz anders….

  3. Richtig, wieso kommen die „Zeit’ler“an solche Daten? Da sollten unsere Lobbyverbände mal schnellstens nachhaken und notfalls auch Anzeige erstatten.
    Dann ist es wirklich sehr verwunderlich, dass man auf der einen Seite schreibt, die offiziellen Statistiken würden nicht unterscheiden, ob Morde mit legalen oder illegalen Wsffen begangen wurden und dann bringen die doch angeblich genaue Zahlen. Hoffentlich fällt das auch mal anderen Lesern dieses Blättchens auf.

  4. Interessante Betrachtungsweise der Zeit: Ein Täter erschießt seine Ex-Freundin mit der Waffe die SEIN VATER legal besitzt und das wird mit in die Statistik aufgenommen? Manche Autoren sollten sich schämen…

  5. “Ein Staat ist nur immer so frei wie sein Waffengesetz.” sagte einst Gustav Heinemann, SPD, ehem. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Vielleicht sollte man sich mal fragen, warum es nicht nur in Deutschland ausgerechnet linke Gutmenschen sind, die am stärksten für die “Entwaffnung” von rechtstreuen Bürgern eintreten, wo sie doch “Freiheit des Einzelnen” angeblich auf ihre roten Fahnen geschrieben haben, ja da sogar die Maxime ist, nach der sie agieren. Es sind und waren im übrigen immer die Diktaturen, die ihren Bürgern den Waffenbesitz verbieten bzw. verboten haben. In der DDR wurden sogar alte Zündnadelgewehre unbrauchbar gemacht und somit ihr historischer Wert vernichtet. Demokratie ist, wenn 10 Füchse und ein Hase über das Abendessen abstimmen. Freiheit ist, wenn der Hase mit einer Schrotflinte die Wahl anfechten kann. Ist das der Grund?

    Deswegen frage ich mich als Legalwaffenbesitzer (LWB) immer, quo vadis, Europa? Weshalb dieses Mißtrauen gegenüber den LWB? Wird die Welt wirklich sicherer, wenn alle Waffen in Bürgerhand verboten sind? Brave new World? Ich denke, sobald Waffenbesitz gesetzwidrig ist, werden nur noch Gesetzwidrige Waffen besitzen. Oder droht uns eine Art der Diktatur der Gutmenschen innerhalb der EU, die meinen, alles besser zu Wissen, was für uns gut ist und wir im Augenblick noch keine andere Wahl haben als jede Brüsseler Kröte zu schlucken. Also: Cui bono? Ich vermute ein tiefsitzendes Mißtrauen unserer herrschenden Klasse gegenüber den LWB deswegen, weil sie Angst haben, irgentwann in ferner Zukunft könnten wir uns erheben, weil wir die “Faxen” dicke haben. Und ich hänge normalerweise keinen Verschwörungstheorien an.

    “Der stärkste Grund für das Volk, das Recht Waffen zu tragen zu bewahren, ist wie eine letzte Zuflucht, sich selbst gegen Tyrannei in der Regierung zu schützen.” sagte schon Thomas Jefferson, 3. US-Präsident

    Nun, ich denke, diese Angst ist unbgeründet, erkannten doch schon Stalin und Lenin das deutsche Naturell und die Obrigkeitshörigkeit sehr treffend:
    „In Deutschland wird es keine Revolution geben, weil man dazu den Rasen betreten müsste.” (Stalin)
    „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“ (Lenin)

    Und um nun den LWB, der sich gegen das drohende Verbot seines Sport und seines Besitzes wehrt, ins argumentative Nichts zu drücken, nimmt man sich Hinterbliebene von einem Amoklauf wie das Aktionsbündnis Winnenden und spannt diese als nützliche Idioten durch unsere Journaillen-Dressureliten von den medialen Karren. Wer wagt es schon, Eltern von Opfern zu widersprechen. Gerne werden dann LWB als “Machtgeil”, ggf. “Hellbraun”, “Waffennarren” und “Zurückgeblieben” stigmatisiert, den Gipfel der Geschmacklosigkeit erreichte Jürgen Brennecke, Ministerialrat a.D. (NRW) mit folgender Aussage:

    “Die Polizei des Bundes und der Länder haben 350.000 Feuerwaffen. Auf der anderen Seite gibt es Privatpersonen – Jäger, SPortschützen insbesondere – die über 7 Millionen Feuerwaffen, das heißt: auch Gewehre, Pistolen, Revolver besitzen. Das ist quasi…äh… ein Heer ist das gegenüber den Waffen, die es bei den Polizeien des Bundes und der Länder gibt. Und im Dritten Reich gab es die fremden Heere Ost, heute würde ich sagen, gibt es die fremden Heere Mitte, die unter uns weilen”. (ARD: -Deutschland unter Waffen?- 01.07.2010)

    Fazit: Jeder, der heute immer noch für die Entwaffnung rechtstreuer Bürger eintritt, ist entweder ein Kommunist, Sozialist, ein Nazi oder ein Faschist. Man kann es sich aussuchen. Abstreiten aber kann man es nicht.

  6. Der Artikel in der Ziet ist gut!

    Erstmal deutet sich darin an, „wer“ die Redaktion hier mit „Informationen“ versorgt, und diese sind dann erwartungsgemäß von so mieser Qualität das die Leserkommentare mit Verweis auf die pol. Erkenntnisse usw. den ganzen Versuch der Lächerlichkeit preisgeben!

    Eben auch ein Hinweis was die Waffenhasser tatsächlich in der Hand haben, nicht viel; eher fast nichts!

    Und natürlich über welche Kanäle und Mechanismen hierzulande Stimmung gemacht wird!

    Peter

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