Pilzgerüchte

Angenommen, man geht in den Wald und sammelt Pilze. Man kennt nur Steinpilze, Birkenpilze und Pfifferlinge. Nur die werden in den Korb gelegt, alle anderen bleiben stehen. Dann kommt man zur Pilzberatungsstelle, man ist ja ein vorsichtiger Mensch, und der Berater rät dazu, alle wegzuschmeißen. Als Begründung erhält man zu hören, dass es schließlich Pilze sind und es ja auch ungenießbare und sogar giftige Pilze gibt.

Was hat das jetzt mit Schusswaffen zu tun?

Nichts, außer die zu Grunde liegende Logik, die auch hoplophoben Weltverbesserern zu eigen ist.

Die Südwestpresse schreibt:

Fast alle Chefs der Landratsämter oder Rathäuser in der Region Stuttgart hatten nach dem 11. März 2009 die Bürger dazu aufgerufen, nicht mehr benötigte Revolver oder Gewehre bei den Waffenbehörden abzugeben. Die Appelle blieben nicht ohne Resonanz – vor allem nicht in den Jahren 2009 und 2010. Auch in diesem Jahr reißt die Waffenabgabe nicht ab. „Im ersten Halbjahr 2011 wurden insgesamt 586 Waffen zur Vernichtung abgegeben“, sagt Hans-Jörg Longin vom Amt für öffentliche Ordnung.

Die Diskussion um ein schärferes Waffengesetz und die Waffenabgabe entbrannte auf höchstem Niveau nach dem Amoklauf von Winnenden und Wendlingen im März 2009. Seitdem wurden im Bereich der Landeshauptstadt Stuttgart insgesamt 4193 Waffen, davon 2525 Kurzwaffen (Pistolen und Revolver) und 1668 Langwaffen (Flinten und Büchsen) zur ersatzlosen Verwertung abgegeben.

Wir merken uns: Seit März 2009 wurden in Stuttgart 4.193 Schusswaffen zur Vernichtung abgegeben. Weiter unten im Text erfährt der geneigte Leser:

Derzeit gibt es laut Amt für öffentliche Ordnung in Stuttgart 5210 Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse (Stand 31. Mai). Davon sind 3814 Inhaber von Waffenbesitzkarten (WBK). Die 3814 Inhaber von Waffenbesitzkarten haben folgende Erlaubnisse (eine Person kann mehrere Waffenbesitzkarten haben): 6525 grüne WBK, (mehrschüssige Langwaffen, Kurzwaffen, Altbesitz und Erben) 609 gelbe WBK (Einzelladerlangwaffen von Sportschützen), 57 rote WBK (Waffensachverständige und -sammler), 7191 WBK insgesamt. „In diese WBK sind insgesamt 19 139 Waffen (lang und kurz) eingetragen“, erklärt Longin.

Die nächste wichtige Zahl: 19.139 Waffen in Stuttgart. Addiert man die inzwischen 4.193 abgegebenen Schusswaffen dazu, waren vor „Winnenden“ 23.332 Stück im Bestand.

Aber halt:

Seit dem Amoklauf wurden insgesamt 82 Waffen, die sich illegal im Besitz von Personen befanden zur weiteren Verfolgung an Polizei oder Staatsanwaltschaft abgegeben.

Sagenhafte 82 (!) illegale von fast 4.200 abgegebenen Schusswaffen. Das entspricht immerhin einer Quote von nicht einmal 2 %. Oder anders ausgedrückt, auf eine illegal besessene und abgegebene Waffe kamen 51 Pistolen oder Büchsen, die völlig legal im Besitz des jeweiligen Eigentümers waren.

Die Illegalen müssen natürlich von der Gesamtzahl noch abgezogen werden:

23.332 – 82 = 23.250

Wenn man dem „Focus“ glauben darf, kommen auf jede legale Schusswaffe zwei illegale. Das würde bedeuten, dass statistisch gesehen in Stuttgart 46.500 Waffen im Umlauf sind, von denen keine Behörde etwas weiß.

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Somit hat sich der Bestand an registrierten Waffen seit März 2009 von 23.250 auf 19.139 reduziert, was einem Rückgang um 17,7 % entspricht. Der Bestand der illegalen Waffen konnte immerhin von gemutmaßten 46.500 auf 46.418 verringert werden.

Eine Reduzierung um beeindruckende 0,2 Prozent oder 2 Promille.

Die Anzahl der Schusswaffen, die tatsächlich eine Deliktsrelevanz besitzen – 19 von 20 Fällen von Schusswaffenmissbrauch passieren nicht mit registrierten Schusswaffen – wurde im homöopathischen Bereich reduziert.

Dagegen ist man stolz aufs Einsammeln und Vernichten von tausenden legal besessener Schusswaffen, die in Händen oder Schränken ihrer rechtstreuen Besitzer das gleiche Gefährdungspotenzial für die Allgemeinheit darstellen wie eine Nähmaschine oder ein Brotbackautomat.

Die ganze Volksentwaffnungsaktion ist damit für die viel strapazierte „Innere Sicherheit“, um auf die Einleitung zurück zu kommen, keinen Pfifferling wert.

Aber es soll ja auch Pilze geben, deren Genuss den Konsumenten rauschartige Zustände verschaffen und den Blick auf die Wirklichkeit extrem verzerren. Das wäre zumindest eine Erklärung für manchen Aktionsmus in Deutschland.

4 Kommentare

  1. Wir als Waffenhändler wurden zur Zeit der Amnestie zweimal von der einsammelnden Polizeibehörde angerufen. Dort wurde u.a. eine gravierter, mit Schaftholzverschneidung versehende Bockbüchsflinte zur Vernichtung abgegeben und unser Stempel im Lauf wies uns als Ersthändler aus. Dito bei zwei Duellpistolen mit Perlmuttgriffschalen in edler Holzschatulle. Dem Beamten brach schier das Herz, diese Waffen zum Hochofen zu transportieren. Er hoffte, wir könnten uns als legale Besitzer outen. War leider nicht so, wir hatten sie legal verkauft und die jetzigen Besitzer waren sicherlich auch legale Erwerber. Durch die Medien aufgehetzt, wollten sie sich so schnell wie möglich davon trennen und wussten nicht bzw. wurden auch von der annehmenden Dienststelle nicht davon unterrichtet, dass wir Händler diese in Kommission oder zum Ankauf oder zur Versteigerung hätten annehmen können.

    Eine Schande, dass Gesetze medial so schlecht vermittelt werden, dass kulturhistorisch bedeutungsvolle Gegenstände einfach eingeschmolzen werden und Bürger wegen fehlender Aufklärung seitens der Behörden einfach enteignet wurden.

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